Sie setzten sich mit der Energie von Morgen auseinander: Ralf Engel (Flohr AG), Frank Wolsfeld, Christine Seelbach-Neuer (beide WiFo), Prof Dr. Martin Pudlik, Prof. Dr. Bernhard Seyfang (Technische Hochschule Bingen), Dr. Jörg Pohlmann (CEO Lohmann Tapes), Frank Eichhorn (W+D), WiFo Vorsitzende Marion Blettenberg und der stellvertretende WiFo Vorsitzende Cornelius Kirsche.
Spannende Erkenntnisse beim Energie Gipfel gewonnen
Neuwieder WirtschaftsForum und Lohmann Tapes hatten Experten zu Gast
Anlässlich der Verwerfungen auf den Energiemärkten und der Notwendigkeit dringender CO2 Einsparungen hatten das Neuwieder WirtschaftsForum und Lohmann Tapes Vertreter von Gewerbe- und Industriebetriebe zum Energiegipfel nach Feldkirchen eingeladen. Als Dozenten für den Blick in die Zukunft waren von der Technischen Hochschule Bingen die Professoren Dr. Martin Pudlik und Dr. Bernhard Seyfang zu Gast. Gastgeber CEO Dr. Jörg Pohlmann, der in fünfter Generation das Unternehmen seines Urgroßvaters führt, nannte in seiner Eröffnung einen weiteren Grund für die Energiewende. Zunehmend komme dem ökologischen Fußabdruck der Produkte, also wie viel CO2 wurde für die Herstellung aufgewendet, eine Bedeutung bei. In diesem Sinne der Nachhaltigkeit setze Lohmann Tapes so viel erneuerbare Energie wie möglich ein. Wie Dr. Jörg Pohlmann versteht die WiFo Vorsitzende Marion Blettenberg den aktuellen Umbruch mehr als Chance, denn Bedrohung. „Mit dem heutigen Tag möchten wir ein Zeichen setzen. Unser Verbund setzt sich für einen besseren Ausbau der erneuerbaren Energien im Expresstempo ein“. Worte die Prof. Dr. Martin Pudlik aufgriff und die zunehmend bedrohliche Erderwärmung und Wasserknappheit, die längst in Europa angekommen ist, erläuterte. Je länger sich die CO2 Einsparungen hinziehen, desto teurer werden die globalen Schäden am Ende. Um die 2 Grad Erwärmung bis 2050 zu stoppen seien gigantische Einsparungen notwendig. Mit dem Ausbau von Photovoltaik und Windkraft sei Deutschland zwar auf einem guten Weg, es bedürfe aber zusätzlicher Ausgleichsenergie. Prof. Dr. Bernhard Seyfang unterstrich, dass viele industrielle Prozesse Wärme von über 700°, teilweise 1200°, benötigen. Diese Hochtemperaturen seien mit den Kräften der Natur nicht erreichbar und müssen weiterhin durch einen Verbrennungsprozess erzeugt werden. Je nach Gegebenheit könnte der „Allrounder“ Erdgas durch Methanol, Ammoniak, Biomethan oder Wasserstoff, idealerweise erzeugt aus überschüssiger grüner Energie oder Abfallströme, ersetzt werden.
Nach Einschätzung der Experten werde der aufwendig und teuer herzustellende, sowie schwierig zu transportierende Wasserstoff, auf Jahre der Industrie vorbehalten bleiben. In der Gebäudetechnik und bei Eigenheimen sei die Wärmepumpe dagegen bestens geeignet. In der anschließenden Diskussionsrunde schloss sich Heizungsbauer Ernst Muscheid den Professoren an und forderte zur Versachlichung des zuletzt hochgekochten Themas auf. Wärmepumpen der neuesten Generation seien mit 75 Grad Vorlauftemperatur äußerst leistungsfähig und durchaus für ungedämmte Gebäude geeignet. Cornelius Kirsche merkte an, dass die Stein AG am Gasausstieg durchaus interessiert sei. Anlagen auf andere Energieträger basierend, seien aber noch nicht oder kaum am Markt verfügbar. Wie Dr. Jörg Pohlmann fordert er von der Politik den „border adjustment“. Um im internationalen Wettbewerb nicht benachteiligt zu sein, sollen wenig umweltfreundlich produzierte Produkte mit einem Einfuhrzoll in die EU belegt werden. Mehrfach kamen die hohen Kosten der Dekarbonisierung zur Sprache. Prof. Dr. Martin Pudlik stellte das Förderprogramm der „Klimaschutzverträge“ vor. Damit bezuschusst der Staat der energieintensiven Industrie die Mehrkosten für die klimaneutrale Produktion.
Ein Fragesteller wollte wissen, ob regionale Netze eine Perspektive zum Status Q seien? Die Professoren unterstrichen die Leistungsfähigkeit des europäischen Stromnetzes und setzen auf beides. Als konkretes Beispiel nannten sie die Versorgung mit Fernwärme in dicht besiedelte Quartiere, wo Wärmepumpen unter anderem wegen den Geräuschimmissionen, suboptimal sind. Unter großer Zustimmung des Publikums schlug ein Zuhörer vor, dass die SWN die Prozesswärme des Flohr Heizkraftwerkes ins Nah- bzw. Fernwärmenetz speisen solle. Unter den rund 70 Unternehmensvertretern war für diesen Ansatz, ebenso wie für die Pläne der SWN zur örtlichen Energieerzeugung aus PV- und Windkraft, viel Sympathie zu spüren. Wozu eine einseitige Abhängigkeit geführt hat, bekamen Betriebe und Privatleute im Vorjahr gleichermaßen nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine zu spüren. Und noch eine Botschaft gaben die Professoren den Anwesenden auf den Weg: Die Energieversorgung der Zukunft wird individueller und unternehmensspezifischer.